Dienstag, April 17, 2007

Baustellenschepf

Samstag, knapp vor 7 Uhr, die Frau Mama stürmt in mein Schlafgemach und verkündet lautstark die Ankunft des Maurers. Ich, Sekunden vorher noch tief schlafend, schrecke hoch und vermute zunächst am träumen zu sein. Als mein Gehirn endlich aus dem Standby-Modus erwachte, kam der Moment der Erkenntnis. Zunächst aber mal ein kurzer Rückblick. Das Dach des familiären Hauses bestach in den letzten Jahren seiner 40jährigen Existenz vor allem durch seinen starken Moosbewuchs und dem gelegentlichen Lösen einzelner Dachschindeln. Es war Zeit für einen Wechsel. So kam es, dass vergangene Woche ein Dachdecker damit begann die alten Schindeln abzutragen, um Platz für ein neues modernes Hausdach zu machen.

Unglücklicherweise stellte sich während der Abtragearbeiten heraus, dass eine Reihe von Ziegeln in den oberen Reihen an den beiden gemauerten Kaminen damit begonnen hatten sich zu zerbrösseln. Ein Umstand, der in den kommenden Jahren zu einem Problem werden könnte, wie uns der Dachdecker versicherte. Er meinte auch, dass es klüger wäre diesen Schaden sofort zu beheben, da oben sowieso schon eine große Baustelle herrsche und ein solcher Vorgang später, wenn die Arbeiten am Dach schon beendet sind, wesentlich kostspieliger ist. Nun, dass die vergangenen Jahrzehnte nicht Spurlos an den Schornsteinen vorüber gegangen waren, war allen Beteiligten klar, aber das man sie sofort austauschen sollte, damit hatte niemand gerechnet, und schon gar nicht, dass es in so kurzer Zeit geschehen musste.

In einer Nacht und Nebel Aktion wurde Baumaterial organisiert. Ein guter Bekannter mit einschlägiger handwerklicher Erfahrung erklärte sich kurzfristig bereit, die Kamine am Samstag zu reparieren, damit die Dachdecker montags ihre Arbeit ungehindert fortsetzen konnten. Ich wurde spontan als Hilfskraft eingeteilt. Meine Begeisterung hielt sich in Grenzen, denn eigentlich hatte ich mich an jenem Samstag auf einen ausgedehnte Radtour gefreut. Statt dessen sollte ich den Tag mit harter körperlicher Arbeit verbringen. So kam es, dass ich Samstag Morgens mit Worten „Aufstehen, der Maurer ist schon da“ unfreundlich aus dem Bett geholt wurde. 7 Uhr, niemand hat mich darauf vorbereitet, dass es schon so früh los gehen sollte. Ich hatte mit 9, ja frühesten 8 Uhr gerechnet, schließlich war ja Samstag. Inzwischen bereute ich es am Vortag nicht früher ins Bett gegangen zu sein.

Meine Aufgaben waren simpel, aber überaus anstrengend. Zunächst musste ich Ziegeln von der Palette durch das Haus über mehrere Stiegen und einer wackeligen Stehleiter auf das Dach befördern. Die meiste Zeit aber schleppte ich fertig abgemischten Mörtel oder Klebespachtel mit Hilfe von Eimern auf das Dach zum Maurer. Anfangs war ja noch alles im grünen Bereich, abgesehen von gelegentlichen Luft schnappen, konnte ich recht gut mithalten. Am Nachmittag zeigten sich jedoch schon die ersten Ermüdungserscheinungen. Meine Muskeln in den Armen und Beinen wollten nicht mehr so recht und die Gelenke machten sich schmerzhaft bemerkbar. Die Aufmerksamkeit ließ ebenfalls nach, was mir auch beinahe zum Verhängnis geworden wäre. Ich war gerade dabei am Dachboden auf der Leiter stehend ein paar zusätzliche Ziegelsteine zum Maurer hinauf zu reichen als mich das Gleichgewicht verließ und ich samt Ziegelstein und Leiter auf die Seite kippte. Glücklicherweise stoppte ein Stapel Bodenisolierung in direkter Nähe meinen Sturz vorzeitig ab. Außer ein paar Abschürfungen blieb ich unverletzt. Wegen meiner akuten Höhenangst hatte ich die lange Leiter vor dem Haus für den Baumaterialtransport gemieden. Rückblickend betrachtet war das ein kluge Entscheidung, denn ein Sturz von dieser hätte mir sicher einen längeren Krankenhausaufenthalt eingebracht.

Knapp 12 Stunden hatten die Arbeiten am Kamin gedauert und ich weiß gar nicht mehr wie oft ich die Stiegen rauf und runter gelaufen bin. Es muss an die hunderte Male gewesen sein. So müde, wie an diesem Abend, war ich schon lange nicht mehr und vom abartig brutalen Muskelkater sollte ich auch noch einige Tage danach noch was haben.

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