Die Begegnung mit dem Dachs erinnerte mich wieder an ein anderes Ereignis vor zwei Jahren. Ich war gerade mit dem Rad auf einem kleinen schmalen Forstweg mitten im tiefen Wald unterwegs, was eigentlich illegal war, da der Grundbesitzer keine Radfahrer auf seinem Besitz sehen will und ich daher dort im Grunde nichts zu suchen hatte. Damals redete ich mir jedoch ein, dass das alles eh nicht so genau genommen wird und überhaupt waren auf dem Weg auch andere Radfahrer unterwegs und hin und wieder fuhr mal ein wildfremdes Auto durch. Abgesehen davon hing auch nirgends eine Fahrverbotstafel, die einen auf das illegale Tun hinwies. Später erfuhr ich, dass deswegen nie eine Tafel zu sehen war, weil ein paar skrupellose Radfahrer sie regelmäßig abmontierten.
Wie auch immer, ich war halt damals gerade dabei über den besagten Forstweg den Berg hinauf zu schnaufen. Schon ziemlich aus der Puste erreichte ich eine kleine Kuppe, von der aus der Weg ein kurzes Stück leicht abfällt um sich dann umso brutaler wieder den Berg hinauf zu schlängeln. Diese Stelle bot sich mir regelrecht an um mal stehen zu bleiben und nach Luft zu schnappen. Ein laues Lüftchen wehte vom Berg herab und versetzte die Äste der Bäume in leichte gleichmäßige Bewegungen. Der Wind strich mir sanft über das Gesicht und trocknete den Schweiß auf meiner Haut. Plötzlich vernahm ich ein Rascheln irgendwo vor mir am Rand des Weges. Das Rascheln war nur sehr leise aber trotzdem hob es sich deutlich von den Umgebungsgeräuchen ab. Ich erstarrte augenblicklich in meiner Bewegung, machte keinen Mucks mehr und lauschte angestrengt. Zirka 12 Meter vor mir bewegte sich etwas im Unterholz am Rand des Forstweges. Von einem Augenblick auf den anderen hüpfte ein großer brauner Hase zwischen den Büschen hervor.
Staunend beobachte ich, wie der Hase sich in die Mitte des Weges drapierte und den Boden um ihn herum abschnupperte. Danach machte er sich daran ohne ein Anzeichen von Eile an den Büschen und Kräutern am Rand des Weges zu schnüffeln. Hin und wieder pflückte er sich ein Blatt heraus, dass er dann genüsslich und in aller Ruhe vor sich hin knabberte. Der Hase schien sich unbeobachtet zu fühlen. Ich indessen überlegte fieberhaft, wie ich die Kamera aus dem Rucksack holen könnte ohne dabei einen Laut von mir zu geben. Wild lebende Hasen sind ja sehr scheue Tiere und es kommt selten vor, dass man als normalsterblicher Mensch einem solchen Tier so Nahe kommt wie ich in dem Moment. Der Hase hatte inzwischen seine Mahlzeit beendet und widmete sich nun der Fellpflege. Meine Muskeln fingen vom krampfhaften Stillhalten an zu schmerzen.
Der Hase beendete seine Fellpflege und hoppelte im gemütlichen Tempo den Forstweg entlang, direkt auf mich zu. Mit dem Vieh stimmt was nicht, dachte ich mir. Sieht und riecht er mich nicht? So stark wie ich in den Stunden zuvor transpiriert habe, müsste man mich schon mehrere hundert Meter gegen den Wind riechen können. Unwillkürlich musste ich an „Die Ritter der Kokosnuss“ denken, da gab es ja so ein Kaninchen, dass zunächst ganz harmlos vor ein Höhle saß, aber im nächsten Moment hatte es gestandenen Rittern den Kopf abgebissen. Erst eine heilige Handgranate konnte diesem blutrünstigem Vieh den Gar aus machen. War dieser Hase, der nun so mir nichts dir nichts auf mich zu hoppelt, in Wahrheit vielleicht auch ein gewaltbereites Mistvieh, dass mir gleich die Kehle aufreißen wird? Vielleicht hatte ihn der Grundbesitzer genau an diese Stelle gesetzt, damit er arglose Radfahrer anfällt, die illegalerweise auf seinem Forstweg unterwegs sind.
Keine 5 Meter vor mir blieb der Hase abrupt stehen und starrte mich an. Ich starrte zurück. Sekunden vergingen. Keiner von uns beiden rührte sich. Jeder schien darauf zu warten, dass der Andere etwas tut. Die Sekunden zogen sich dahin. Dem Hasen dauerte es dann wohl zu lange. Er zuckte kurz, drehte sich blitzschnell um und sauste hackenschlagend davon. Puh, zum Glück doch kein Killerhase. Ich entspannte mich wieder und beobachtete noch, wie sich die feine Staubwolke, die noch von seiner plötzlichen Flucht zeugte, langsam vom Wind davon getragen wurden. Schließlich setzte ich mich mit meinem Rad wieder in Bewegung. Zufälligerweise fuhr ich in die selbe Richtung, die auch der Hase für seine Flucht gewählt hatte. Ich fragte mich, ob ich den Hasen vielleicht noch einholen könnte, verwarf den Gedanken dann aber gleich, nachdem bei mir wieder das Schnaufen einsetzte.
Sonntag, Mai 06, 2007
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3 Kommentare:
Wir hatten neulich einen Fasan samt Rebhuhn im Rapsfeld neben uns. Doofes Vieh, mach alberne Geräusche den ganzen Tag lang. Kam recht nahe ans Haus. Nur ma so btw.
@prophet: ein gezielter Schuss, und es ist Ruhe im Busch ;)
@lou: Huch, das wäre ja doppelt gefährlich gewesen. Ich war ja schon unerlaubterweise auf dem Forstweg unterwegs, wenn die mich auch noch beim wildern erwischt hätten. Hui! Dann hätten die mich wahrscheinlich gleich vor Ort standrechtlich erschossen.
Da sieht man wieder, zu welch eigenartigen Ideen das Gehirn nach sportlicher Betätigung fähig ist. Killerhasen! Fernsehen schädigt. ;)
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